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Nachruf Siegmund Jähn

von Dr. Andreas Werner

„Liebe Fernsehzuschauer der Deutschen Demokratischen Republik, ich bin sehr glücklich darüber, als erster Deutscher an diesem bemannten Weltraumflug teilnehmen zu dürfen“ [zit.] sagte Kosmonaut und Oberstleutnant Sigmund Jähn während seines Aufenthaltes im All. Generalmajor Dr. Sigmund Werner Paul Jähn wurde am 13. Februar 1937 in Morgenröthe-Rautenkranz als Sohn eines Sägewerkarbeiters und einer Hausfrau geboren. Nach Beendigung der Volksschule machte er eine 4-jährige erfolgreiche Lehre zum Buchdrucker.

1955 begann seine militärische Laufbahn in der Nationalen Volksarmee (NVA). Er wurde zum Jagdflieger ausgebildet und war zuletzt in der Funktion eines Inspekteurs für Jagdfliegerausbildung und Flugsicherheit der Luftstreitkräfte und Luftverteidigung (LSK/LV) der DDR. Parallel zu seinen militärischen Verwendungen legte er das Abitur ab und studierte danach an der Militärakademie der Luftstreitkräfte „J. A. Gagarin“ bei Moskau und schloss das Studium mit dem Diplom des Militärwissenschaftlers ab. Seine wissenschaftliche Karriere vollendete er mit der Promotion zum Dr. rer. nat. auf dem Gebiet der Fernerkundung der Erde am Zentralinstitut für Physik der Erde (ZIPE) in Potsdam 1983, welches zur Akademie der Wissenschaften der DDR gehörte. Dass Sigmund Jähn wahrscheinlich niemals an einen Weltraumflug dachte, geschweige denn davon ausging, dass er dies jemals durchführen würde, wird in seiner Biografie so beschrieben: „[..] Seit 14 Tagen beneide ich einen Mann, den ich noch gar nicht kenne, von dem ich weder weiß, wie er heißt, noch wo er wohnt, wie alt er ist und welchen Beruf er ausübt. Nur durch eine Zeitungsnotiz erfuhr ich, dass er irgendwo in unserer Republik lebt und etwas vollbringen wird, von dem ich seit Jahrzehnten träume. Das kuriose daran ist, dass dieser Mann selbst noch nichts von seinem zukünftigen Glück weiß. Ich meine jenen Bürger der DDR, der eines Tages als Erster an einem der Unternehmen teilnehmen wird, …“ [zit.]. Sigmund Jähn blieb bis zum Start des INTERKOSMOS-Programms der große Unbekannte und erinnert sich an seine Auswahlkonferenz: „[..] Der erste wurde gerufen. Jeder, der zurückkam, nahm seine Mütze, zuckte mit den Schultern und ging. Er war also verpflichtet, über den Inhalt des Gesprächs Stillschwiegen zu bewahren“ [zit.]. Im Sommer 1976 begannen die Vorbereitungen für einen Speziallehrgang am Institut für Luftfahrtmedizin (ILM) der NVA in Königsbrück bei Dresden. Der Sport war im „Kosmos-Kurs“ ein zentrales Auswahlkriterium, wobei es tatsächlich darum ging, die Kandidaten an Ihre Leistungsgrenzen zu führen. Es sollte festgestellt werden, ob sie Reserven mobilisieren können, um ihre persönlichen Leistungsgrenzen hinauszuschieben. Von den 16 Teilnehmern des Sonderlehrgangs am ILM wurden 4 Kandidaten ins „Sternenstädtchen“ nach Moskau zur weiteren Ausbildung und Endausscheidung geschickt. Die Entscheidung für Sigmund Jähn fiel wohl in letzter Sekunde und er startete am 26. August 1978 in der sowjetischen Raumkapsel Sojus 31 zur sowjetischen Raumstation Saljut 6. Der Weltraumeinsatz dauerte 7 Tage, 20 Stunden, 49 Minuten und 4 Sekunden. Während dieses Fluges führte Sigmund Jähn zahlreiche wissenschaftliche Experimente durch und landete am 03. September 1978 in der kasachischen Steppe. Die Rückkehrkapsel überschlägt sich dabei mehrfach und verletzte Sigmund Jähn. In der Deutschen Demokratischen Republik wurde Sigmund Jähn nach der Rückkehr als Volksheld gefeiert, hingegen blieb dieses Ereignis in der Bundesrepublik Deutschland weitestgehend unbekannt und viele Westdeutsche kannten bis zur Wende Sigmund Jähn gar nicht. Der stets bescheidende Kosmonaut arbeitete ohne jeden Vorbehalt oder Ressentiments an seinem Lebenswerk weiter und war zuletzt Berater für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und für die European Space Agency (ESA) vornehmlich im Kosmonautenausbildungszentrum im „Sternenstädtchen“. Eine Ausstellung im Museum „Deutsche Raumfahrtausstellung – Morgenröthe-Rautenkranz e.V.“ erinnert an die Stationen des ersten Deutschen im All.

Sigmund Jähn verstarb am 21.09.2019 in seiner Wahlheimat Strausberg und wurde 82 Jahre alt. Er hinterlässt seine Frau Erika Jähn und zwei Töchter sowie seine Familienmitglieder. Es ist insofern ein besonderes Jahr, weil das 50-jährige Jubiläum des ersten Menschen auf dem Mond begangen wird. Sigmund Jähn sollte zukünftig in allen Köpfen als der „erste Deutsche“ im All verankert sein. Seine Verdienste unter den damaligen Bedingungen sind für alle von Bedeutung und daher gebührt ihm die allumfassende Anerkennung und Ehre. Seiner Familie wünscht die Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrtmedizin e.V. alles Gute und die Erinnerung an einen ganz besonderen Menschen.

 

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